Berlin, 10. September 2020. Der Bundestag berät heute in 1. Lesung über Kindergeld und steigende Steuerfreibeträge ab 2021 – das wird viele Familien freuen, aber nur wenige Einelternfamilien. „Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Die soziale Schere in der Familienförderung öffnet sich weiter und Alleinerziehende fallen durchs Raster“, kritisiert Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV). „Wir bedauern, wenn die Chance auf den dringend notwendigen Systemwechsel in der Familienförderung hin zu einer Kindergrundsicherung erneut verpasst wird“, so Jaspers.
15 Euro mehr Kindergeld und extra hohe Kinderfreibeträge ab 2021 – bei den meisten Alleinerziehenden wird trotzdem kaum mehr Geld im Portmonee ankommen. Familienförderung über höhere Steuervorteile erreicht Familien mit k(l)einen Einkommen nicht, sondern verstärkt die bestehende soziale Schieflage zugunsten wohlhabender Familien. Und im gleichen Zuge wie das Kindergeld steigt, sinken ggf. der Unterhaltsvorschuss oder die SGB II-Leistung, da das Kindergeld hier zu 100 Prozent angerechnet wird, beim Kindesunterhalt zu 50 Prozent. „Die Jugend- und Familienminister*innenkonferenz fordert, dass Kindergeld beim Unterhaltsvorschuss künftig nicht mehr vollständig sondern zur Hälfte anzurechnen – Zeit, dies in die Tat umsetzten“, mahnt Jaspers.
„Was großzügig gemeint sein mag, fällt Alleinerziehenden beim Unterhalt auf die Füße, da Steuer- und Unterhaltsrecht schlecht aufeinander abgestimmt sind“, bemängelt Jaspers. Der Gesetzentwurf treibt das Auseinanderdriften des steuer- und unterhaltsrechtlichen Existenzminimums weiter voran, da der Kinderfreibetrag über dem Existenzminimum eines Kindes liegen wird, statt dessen Höhe abzubilden. Wird der für 2021 bereits per Verordnung festgelegte Mindestunterhalt nicht entsprechend nach oben korrigiert, sinkt der Unterhaltsvorschuss 2021 im Vergleich zu 2020 sogar um 5 Euro. Der Zahlbetrag in der untersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle würde um lächerliche 2,50 Euro im Monat steigen – obwohl die Kinderfreibeträge eines Kindes um satte 48 Euro im Monat erhöht werden sollen.
„Der politische Wille, Familien zu entlasten, muss auch Kinder in Einelternfamilien und in armen Familien umfassen, und nicht nur in wohlhabenden. Insgesamt braucht es eine grundlegende Reform: einen Systemwechsel hin zu einer Kindergrundsicherung in Kombination mit einer Individualbesteuerung, damit kein Kind im Dschungel der familienpolitischen Leistungen verloren geht“, fordert Jaspers.
Lesen Sie hier die Stellungnahme zum 2. Familienentlastungsgesetz.